Die Vision

Verwundert über die schnell verstrichene Zeit blicke ich auf den 10. November 2013 zurück. An diesem Tag stellte sich, wie sich später herausstellte, eine wichtige Weiche in unserer Agentur ein. Herr Oberstleutnant Schuttenhauer nahm sich die Zeit an einem Informationsstand und war bereits von meinem bisherigen Ansprechpartner Oberst Knautz über mich informiert. „Sie können uns also bei unserem Personalengpass helfen.“ War die als Frage formulierte Begrüßung. Zugegeben ein neuer Ton bei Kundegesprächen in der Marketingwelt. „Seit der Aussetzung der Wehrpflicht stehen wir im direkten Wettbewerb mit Konzernen!“ Eine eigentlich normale Problemstellung wurde aber bei der Bundeswehr zu einer echten Herausforderung. Ein zukünftiger Job mit Lebensgefahr ist nicht attraktiv. Wir fassten das heiße Eisen an und legten Los. Was ist das USP? Wir fanden es. 120 unterschiedliche Ausbildungsberufe bietet sonst keiner. Unser Aufhänger. Der Rest ist Geschichte. Zielgerichtete Kampagne auf türkisch, polnisch und russisch. Quintessenz: Neue Brücke gebaut, Menschen mit Migrationshintergrund eingebunden, vielen Jugendlichen neue Perspektiven geboten und Eltern Ängste genommen.

Es war ein völlig verregneter Junitag 2015 in Istanbul, als wir Herrn Afyon im Grand Hyatt trafen. „Sollte man ihm einen exzellenten roten oder weißen Wein empfehlen“ fragte mich mein Auftraggeber Herr Blohm, seines Zeichen Geschäftsführer der Prophamed GmbH, die mit Gesundheitsprodukten den nächsten Expansionsschritt machen wollte. Meine erste wichtige Aufgabe an diesem Abend. „Gar keinen“ antwortete ich etwas aufgeregt. Es sollten noch so einige Fallen Folgen um die ich lotsen sollte. Es prallten zwei Welten aufeinander und ich stand dazwischen. Soll ich nun übersetzen, den Kulturlotsen abgeben, für eine angenehme Gesprächsatmosphäre sorgen, moderieren, Protokoll führen oder völlig überfordert still bei diesem Millionenprojekt daneben sitzenbleiben. Letzteres ging natürlich nicht. Also Ärmel hoch und sich auf die gute Vorbereitung verlassen. Charts liegen griffbereit, Marktanalysen sind ausgewertet, Marketing-Strategie ist in groben Zügen fertiggestellt. Reicht das? Nervosität macht sich breit. Hätte ich die Nacht noch mehr machen sollen? Noch mehr Wettbewerb recherchieren? Eine ansprechendere Power-Point Präse bereitstellen? Puls geht hoch. Es wurde mir heiß als ich aus dem Augenwinkel unseren Gast sah. Zu spät für diese Fragen. Los geht’s. Einmal tief durchatmen. Aufstehen, war mein Kommando an mich selbst an das ich mich noch gut erinnere.

Als Herr Alkan sich nach fünf Stunden um 02:00 Uhr mit einem glücklichen Gesicht von uns verabschiedete setzten wir beide uns noch zu einer Manöverkritik zusammen. Das blinkende Licht des Tablet PC brachte mich zum Lachen. Es war nur eine Grafik erforderlich. Alles anderen, die Bedenken, Sorgen waren überflüssig. Eine erfolgreiche Unternehmenspartnerschaft hatte begonnen. Quintessenz: Brücken zwischen Ländern und Unternehmen gebaut.

„Ich hab‘s!“ freute sich Linda Mareike, meine Mitarbeiterin und Expertin für außergewöhnliche Stilfragen. „Einen Friesennerz sollten wir unserem ersten bayerischen Kunden schenken.“ Das war mal wieder eine gute Idee. Größe L müsste passen. So begann diese Story Anfang Oktober 2016. Eine Aufgabenstellung, die uns an unsere Grenzen und darüber hinaus brachte. Wie verkaufen wir vegane Fleisch- und Wurstwaren aus deutscher Produktion aus Bayern an Muslime? Weltweit! Herr Staiger, Marketingleiter, war skeptisch. Ich setzte Linda Mareike an ihn, da ich einfach nicht so mit ihm klar kam. Die Chemie stimmte nicht. Sein Chef Herr Obermaier hingegen verstand sich prima mit mir. Unsere Strategie war formuliert und passte in einem, zugegeben etwas längeren, Satz.  Vegan=rein pflanzlich=kein Tier=kein Halal-Risiko! Das war der Knackpunkt bei diesem Projekt. Eine PowerPoint mit 8 Charts, eine Marktanalyse für Halal Fleischprodukte in Deutschland, zwei mögliche Partneragenturen in Malaysia und Ghana und ein anerkanntes Halal-Zertifizierungsinstitut brachten auch Herrn Staiger zum Lächeln. Zur Verabschiedung in seiner neuen gelben Jacke kam es dann doch dazu, dass ich ihm ein Duckstein ausgab. Finden sie den mal in Hamburg.

Verbindungen schaffen, Brücken bauen, über die Grenzen gehen und über sich hinauswachsen. Einfach eine bessere Welt ohne Hunger und Krieg durch Völkerverständigung.